Unser pädagogischer Ansatz
Wir gestalten unsere pädagogische Arbeit in Anlehnung an den Situationsorientierten Ansatz (S.o.A.) nach Dr. phil. Armin Krenz. In diesem Sinne gehen wir von einem ganzheitlichen Menschenbild aus, das die Entwicklung aller Personen, die im Entwicklungsprozess eines Kindes involviert sind, in den Mittelpunkt rückt. Unter Berücksichtigung der Lebensbedingungen von Kindern und ihren Eltern verfolgen wir die zentrale Frage: Welche entwicklungsförderlichen Bedingungen Kinder und ihre Familien brauchen, um eigene vorhandene Ressourcen auf- und auszubauen und eine Entwicklung in allen Entwicklungsfeldern möglich zu machen. Praktisch bedeutet das, die Selbstständigkeit der Kinder, ihre Autonomie und ihr soziales Verhalten auf der Grundlage eines werteorientierten Verhaltens zu aktivieren und weiterzuentwickeln.
Angebote, Freispiel und das Lernen im Alltag
Kinder lernen zu jeder Zeit und überall, in alltäglichen Situationen, in Phasen des Freispiels sowie durch gezielte pädagogische Angebote. Das soziale Zusammenleben fördert somit die wichtigsten Lernformen im Kindesalter; Nachahmung, Anpassung und Durchsetzung eigener Bedürfnisse.
Bei den Campus Krümeln messen wir vor allem dem Lernen im Alltag den größten Stellenwert bei. Er bietet den Kindern vielfältige Lernmöglichkeiten, gibt ihnen durch wiederkehrende Rituale Sicherheit und fördert ihre Selbstständigkeit, z.B. durch die Selbstbestimmung beim Essen (mehr, weniger, gar nicht), beim Aufräumen oder bei der Sauberkeit. Im Zuge dessen werden die Kinder zum einen durch die Gegebenheiten, zum anderen durch die Pädagogen an Entscheidungsfähigkeit, Selbstständigkeit, Selbstwertgefühl und Selbstbewusstsein herangeführt. Um die Voraussetzungen für das „Lernen nebenbei“ zu schaffen, achten wir auf einen geregelten Tagesablauf sowie auf die Partizipation der Kinder in jeglicher Hinsicht, z.B. Mithilfe bei der Frühstückszubereitung, Begleitung bei Einkäufen, Fürsorge und Pflege anderer Kinder. Darüber hinaus schaffen wir ihnen die Möglichkeit auf unterschiedliche Räume auszuweichen und stellen ihnen diverse Materialen bereit, die ihnen vielfältige Erfahrungsräume eröffnen.
Neben dem Lernen im Alltag schaffen wir ausreichend Zeit und Raum für Freispielphasen. Freies Spielen heißt für uns, dass die Kinder selbst entscheiden, was, wo, womit und wie lange sie spielen möchten. Sie folgen dabei ihren eigenen Fantasien und Vorstellungen, inspirieren und leiten sich gegenseitig an und verarbeiten dadurch eigene Erlebnisse und Erfahrungen.
Wir schaffen die Voraussetzung für die Entwicklung von Fantasie und Spielfreude, indem wir ihnen Räumlichkeiten bieten, in denen alters- und interessenadäquates Spielzeug und Material vorfinden ist. Hierbei kommt es uns vor allem auf die Bedeutungsoffenheit an, bspw. Alltagsgegenstände, Naturmaterialein wie Kastanien, Tannenzapfen, Stoffreste oder Holzbausteine. Wir möchten eine Reizüberflutung durch Mengen von funktionsgebundenen Spielzeugs vermeiden.
Mit unseren pädagogischen Angeboten beabsichtigen wir, die Kinder an neue Themen, Materialien, Fertigkeiten und Erfahrungen heranzuführen. Die Teilnahme an Angeboten ist den Kindern freigestellt. Wir planen die Inhalte, den zeitlichen und örtlichen Rahmen sowie die Zuständigkeit der pädagogischen Angebote gemeinsam in den wöchentlichen Teamsitzungen. Über die Infotafel (übergeordnetes Thema) und den Tagesplänen (genaue Aktivitäten) im Eingangsbereich wird den Eltern die pädagogische Arbeit transparent gemacht.
Ziele unserer pädagogischen Arbeit
Das Ziel unserer Päd. Arbeit ist es dem Kind eine vertrauens- und liebevolle Umgebung zu bieten, in der es sich sicher und wohlfühlen kann. So kann es im Kontakt mit anderen Kindern, Eltern und Erziehern wachsen und lernen. Wir möchten starke, selbstbewusste und selbstständige Kinder, deshalb unterstützen und begleiten wir sie in ihrer Entwicklung so, dass wir ihnen Möglichkeiten bieten:
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- eigene Interessen, Bedürfnisse und Emotionen wahrzunehmen und durchzusetzen
- Interessen, Bedürfnisse und Emotionen anderer wahrzunehmen und Rücksicht zu nehmen
- sich durch Körpersprache und Worte gut zu verständigen
- Regeln des täglichen Zusammenlebens zu erkennen und zu beachten
- Erfolge und Misserfolge verarbeiten zu können
- Interesse an körperlichen Bewegungen und Musik zu haben
- Freude und Neugierde an Matschen, Malen und Experimentieren zu haben
selbstständig alltagspraktische Tätigkeiten zu bewältigen.
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Schutzkonzept der Elterninitiative Campuskrümel e.V.
zum Schutz vor Gewalt und Übergriffen
Stand 19.07.2023
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort
- Rechtliche Grundlagen
- Risikoanalyse
- Präventionskonzept
4.1 Umgang mit den Kindern
4.1.1 Kinderrechte
4.1.2 Partizipation
4.1.3 Sexualpädagogik
4.2 Umgang im Team
4.3 Umgang mit den Eltern - Beschwerde- bzw. Qualitätsverfahren
5.1 Beschwerdemanagement nach §8b SGB VIII
5.2 Beschwerdemöglichkeiten für Kinder
5.3 Beschwerdemöglichkeit für Eltern
5.4 Beschwerdemöglichkeit für Teammitglieder - Handlungsplan im Verdachtsfall
6.1 Verdachtsfall außerhalb der Einrichtung (Vorgehen nach §8a SGB VIII)
6.2 Verdachtsfall innerhalb der Einrichtung durch Mitarbeitende - Kooperationen
- Anhang
8.1 Rahmenvereinbarung zur Sicherstellung zur Sicherstellung des Schutzauftrags nach §8a SGB VIII 18
1. Vorwort
Die Krippe „Campuskrümel e.V.“ ist eine studentische Elterninitiative, die zehn Kinder im Alter von 1 bis 3 Jahren betreut. Die Einrichtung befindet sich auf dem Campus Königsworther Platz der Leibniz Universität Hannover und verfügt über ein großes Außengelände, auf dem sich die Kinder frei entfalten und ihre Umwelt erkunden können. Die Selbstständigkeit der Kinder wird individuell gefördert und ein guter Kontakt zu den Eltern gepflegt. Die Selbstbestimmung der Kinder und ein bedürfnisorientiertes, partizipatives Arbeiten sind uns dabei besonders wichtig. Das Wohl und den Schutz unserer Kinder sehen wir als unsere zentrale Aufgabe an. Hierbei sind zwei Stränge des Kinderschutzes zu unterscheiden. Zum einen der Schutz vor Kindeswohlgefährdung und das Vorgehen im Verdachtsfall außerhalb der Einrichtung (hier gilt §8a SGB VIII) zum anderen Präventionsmaßnahmen innerhalb der Einrichtung und Vorgehen im internen Verdachtsfall (bspw. §71 SGB VIII erweitertes Führungszeugnis).
In Einrichtungen, die mit Kindern arbeiten besteht häufig ein Machtgefälle, beispielsweise zwischen älteren und jüngeren Kindern bzw. zwischen Pädagog*innen und Kindern, aber auch durch Erfahrungs- und Wissensvorsprung. Durch den bewussten und reflektierten Umgang damit verhindern wir Übergriffe durch Machtgefälle. In dem vorliegenden Schutzkonzepten erläutern wir, wie wir mit dem Machtgefälle und möglichen Grenzverletzungen sowie Risiken umgehen, diese nach Möglichkeit verhindern und intervenieren können.
Dieses Konzept ist ein lebendiges Dokument und wird regelmäßig überprüft und aktualisiert bzw. weiterentwickelt, um den sich ändernden Bedürfnissen und Umständen gerecht zu werden. Es ist unser Ziel, eine sichere und unterstützende Umgebung für alle Kinder in unserer Einrichtung zu schaffen und nachhaltig zu erhalten.
2. Rechtliche Grundlagen
Seit 2014 sind wir als Campuskrümel e.V. den Rahmenvereinbarungen, siehe Anhang, zur Sicherstellung des Schutzauftrages nach §8a/72a SGB VIII beigetreten. Über die Inhalte und Maßnahmen sind sowohl der Vorstand, als auch das pädagogische Team informiert. Zudem sind die rechtlichen Grundlagen für den Schutz der Kinder in unserer Einrichtung im Bundeskinderschutzgesetz (BKiSchG), in den Kinderrechten der vereinten Nation und in den entsprechenden Landesgesetzen festgelegt, nach welchen wir uns richten. Diese
Gesetze verpflichten uns, Maßnahmen zum Schutz der Kinder vor Gewalt und Grenzüberschreitungen zu ergreifen und ein entsprechendes Konzept zu entwickeln und umzusetzen.
3. Risikoanalyse
Die Risikoanalyse ist ein wichtiger Bestandteil unseres Gewaltschutzkonzepts und umfasst die Identifizierung potenzieller Gefahren für die Kinder in unserer Einrichtung. Dazu gehören physische, psychische und sexuelle Gewalt. Wir analysieren regelmäßig unsere Räumlichkeiten, unser Personal und unsere Prozesse, um Risiken zu identifizieren und entsprechende Maßnahmen zur Risikominderung zu ergreifen.
Hier sind einige mögliche Risiken, die wir identifiziert haben und wie wir sie angehen:
- Physische Sicherheit: Da sich unsere Einrichtung auf einem Universitätscampus befindet, besteht das Risiko, dass Unbefugte das Gelände betreten könnten. Um dieses Risiko zu minimieren, gelangt man nur über einen Transponder (personenbezogen) in die Einrichtung, wodurch wir einen kontrollierten Zugang geschaffen haben. Fremde Personen müssen klingeln. Zudem besteht der Eingangsbereich, sowie die vorderen zwei Aufenthaltsräume aus Fensterfronten, sodass Sicht auf alle sich nähernden Personen besteht. Der Schlaf- und Wickelraum ist für Unbefugte nicht einsehbar und somit geschützt.
- Gesundheitsrisiken: Kinder in diesem Alter sind anfällig für gesundheitliche Probleme wie Allergien oder Krankheiten, die leicht übertragen werden können. Um dieses Risiko zu minimieren, halten wir uns an Hygienepraktiken und klare Richtlinien für den Umgang mit Krankheiten, welche auch an die Eltern weitergegeben werden.
- Risiken während des Freispiels: Während der Freispiel- und Angebotszeit sowie während der Ruhezeit und des Mittagsschlafs können Unfälle passieren. Um das Risiko von Verletzungen zu minimieren, überwachen wir die Kinder ständig und stellen sicher, dass die Spiel- und Ruhebereiche sicher und geeignet für Kinder sind.
- Risiko der Nicht-Kommunikation: Es besteht das Risiko, dass ein Kind, das sich unwohl fühlt oder ein Problem hat, nicht in der Lage ist, dies zu kommunizieren. Um dieses Risiko zu minimieren, fördern wir eine offene Kommunikationskultur und schulen unser Personal, auf nonverbale Anzeichen von Unbehagen oder Stress bei den Kindern zu achten, also Feinfühligkeit zu erlernen und entsprechend umzusetzen. Das Ziel ist es die Kinder und ihre Bedürfnisse lesen zu können.
Im Folgenden werden Faktoren aufgelistet die sexuelle Gewalt oder Grenzverletzungen begünstigen konnten.
- Räumlichkeiten: Auch in Bezug auf unsere Räumlichkeiten setzen wir Kinderschutz aktiv um. So sind all unsere Räume offen, damit das pädagogische Handeln transparent und einsehbar ist. Durch das kleine Team und die gut geschnittenen Räume ist ein unbemerktes und verstecktes Arbeiten kaum möglich. Somit können Grenzüberschreitungen bei Kindern in den 4 Aufenthaltsräumen gut verhindert werden. Risikobehaftet sind die Toiletten im Keller. Hier gibt es keine Einsichtsmöglichkeiten, zumal die Toiletten sich im Keller befinden, sodass Kind + Pädagog*in sich von der Gruppe trennen, die Treppe hinunter in den Keller gehen und die Toilette aufsuchen. Vor einen Toilettengang dürfen die Kinder sich die Erzieher*innen aussuchen, die mit ihnen zur Toilette gehen. Zudem wird die Tür zur Toilette niemals versperrt und die Kinder dürfen verlangen, dass die Begleitperson vor der Tür wartet. Außerdem informieren sich die Teammitglieder darüber, dass ein Toilettengang mit Kind ansteht. Zudem sind Toilettengänge mit Kindern, zu ihrem Schutz, zeitlich begrenzt. Nach Ablauf von ca. 10 Minuten wird von einer*m anderen Pädagog*in die Toilette aufgesucht.
- Risikofaktoren zwischen den Kindern: In unserer Einrichtung werden Kinder im Alter von 1 bis 3 Jahren betreut. Dabei ist teilweise ein großer Entwicklungsunterschied gegeben. Diese Heterogenität können Grenzüberschreitungen begünstigten. Da wir unsere Kinder zu Selbständigkeit ermutigen und ihnen Rückzugsmöglichkeiten gewähren, steht es den Kindern je nach Entwicklungsstand zu, beispielsweise alleine in einem Raum zu spielen. Da die Kinder in dieser Zeit für ein paar Minuten unbeaufsichtigt sind, besteht die Möglichkeit des Übergriffes. Kinder erlernen oft erst einen angemessenen Umgang mit Nähe und Distanz. Wir unterstützen sie dabei klar zu kommunizieren, was sie möchten und was nicht. Ein Kind kann z.B. seine Zuneigung durch umarmen oder küssen ausdrücken, während dies das andere Kind als übergriffig empfindet und ihm unangenehm ist.
- Risikofaktoren zwischen Pädagog*innen und Kind: Die Krippe ist eine Einrichtung an dem sich Kinder entwickeln können und geschützt sind. Kindeswohlgefährdung umfasst ein breites Spektrum von Verhaltensweisen gegenüber Kindern, das verbale, psychische und physische Übergriffe beinhaltet. Deshalb sind die Teammitglieder sehr achtsam und gehen mit einem möglichen Verdacht sensibel und sachlich um. Kollegiale Kritik ist erlaubt und erwünscht. Unseren Pädagog*innen ist es wichtig, den Kindern emotionale sowie körperliche Nähe und Sicherheit, die für das Wohlbefinden des Kindes elementar wichtig sind, zu geben. Hierbei muss besonders in sensiblen/intimen Situationen eine gute Balance gefunden werden. Als solche Situationen können folgende genannt werden: Wickelsituation, An- und Umziehsituationen von Kindern, Mittagsschlaf, Ausflüge, Einzelsituationen zwischen Pädagog*innen und Kindern, Vertretungssituationen, Hospitant*innen und neue Mitarbeiter*innen. Gewickelt wird z.B. nur mit offener Tür auf dem Wickeltisch im Schlafraum oder im Spielraum. Die Kinder können selbst bestimmen, welche Fachkraft sie wickeln soll. Der Schlafraum und die sich dort befindende Hocheben sind durch ein Fenster zur Küche einsehbar. Der Mittagsschlaf wird i.d.R. von zwei Pädagog*innen begleitet. Körperkontakt findet nur auf Initiative des Kindes statt. Die Teammitglieder kündigen vorher sprachlich an, wenn sie die Kindern auf den Arm nehmen, festhalten, wickeln oder an- und ausziehen.
- Risikofaktoren zwischen Erwachsenen: Vor allem in einer Elterninitiative ist der Kontakt sehr familiär. Da das pädagogische Team und Eltern eng zusammen arbeiten, kann unangemessene Nähe entstehen. Der Sprachgebrauch unter Erwachsenen kann grenzüberschreitend sein. Hier wird auf eine respektvolle und offene Umgangsweise miteinander geachtet.
Diese Risikoanalyse wird regelmäßig überprüft und aktualisiert, um sicherzustellen, dass alle potenziellen Gefahren für die Kinder in unserer Einrichtung erkannt werden und angemessen darauf reagiert wird.
4. Präventionskonzept
In diesem Teil unseres Konzeptes verdeutlichen wir, welche Maßnahmen und Richtlinien wir zum Wohle des Kindes bei den Campuskrümeln getroffen haben.
Unser Präventionskonzept umfasst Schulungen für unser Personal, um Anzeichen von Gewalt zu erkennen und angemessen darauf zu reagieren. Wir fördern ein offenes und respektvolles Miteinander, um ein sicheres Umfeld für die Kinder zu schaffen. Darüber hinaus arbeiten wir eng mit den Eltern zusammen, um sie in den Schutzprozess einzubeziehen.
4.1 Umgang mit den Kindern
Wir verpflichten uns nach besten Wissen und Gewissen für das körperliche, seelische und geistige Wohl des Kindes Sorge zu tragen und sie vor Selbst- und Fremdgefährdung zu 4 von 28
schützen. Wir zeigen Achtung und Respekt vor der Persönlichkeit eines jeden Kindes und gestehen ihm seine eigenen Rechte ein. Vertrauensaufbau und emotionale Sicherheit sind die Grundlage für eine gesunde Persönlichkeitsentwicklung. Wir unterstützen das Autonomiebestreben des Kindes und geben ihm die Zeit, die es braucht. Handlungen basieren auf Freiwilligkeit des Kindes, sofern das Gruppeninteresse dadurch nicht behindert wird. Wir unterstützen die Kinder darin selbstbestimmt zu werden und respektieren Signale wie ein deutliches „Nein“ oder „Stopp“.
4.1.1 Kinderrechte
Da Kinder ihre Rechte noch nicht selbstständig einfordern können, sehen wir es als unsere Pflicht an, sie dabei zu unterstützen ihre Rechte wahrzunehmen und ihnen einen geschützten Rahmen zu ermöglichen. Wir geben unseren Kindern in der Einrichtung das Recht, sich an allen betreffenden Entscheidungen entsprechend ihrem Entwicklungstand zu beteiligen. Es ist zugleich jedoch auch ihr Recht sich nicht zu beteiligen. Wir sehen es als unsere Aufgabe an die Kinder mitwirken und mitbestimmen zu lassen. Interessierte und zugewandte Kommunikation bedeutet für uns die Basis einer demokratischen und wertschätzenden Pädagogik. Somit können Fragen, Bedürfnisse und Beschwerden von Seiten der Kinder erst offen geäußert werden. Die Kinder haben das Recht bspw. beim Anziehen von wettergerechter Kleidung oder bei der Nahrungsaufnahme sowie beim Wickeln mit zu entscheiden. Kinder werden nicht gezwungen diese Dinge zu tun jedoch versucht das Team pädagogisch und einfühlsam auf die Kinder einzugehen, ihnen zu erklären, warum gewisse Dinge wichtig sind und starten ggf. noch mehrere Versuche Verweigert sich das Kind partout, wird dies akzeptiert und bspw. die nicht angezogene Matschhose oder nicht nicht angezogenen Schuhe mit nach draußen genommen. Es findet dann ein regelmäßiger Austausch mit dem Kind statt, ob es ihm/ihr nicht zu kalt ist und ob es die Matschhose oder die Schuhe nun anziehen möchte. Kinder sollten auch selbst erfahren, wie sich Kälte, regen, Matsch etc. auf der Haut anfühlt. Wird festgestellt, dass das Kind sich unterkühlt und weiterhin Kleidung verweigert, muss mit den Eltern abgestimmt werden, wie vorzugehen ist. Eine starke Persönlichkeit und positive Erfahrungen im Einbringen der eigenen Meinung trägt unserer Erfahrung nach zum Selbstbewusstsein von Kindern bei und wird daher als Präventionsmaßnahme bezüglich des Kinderschutzes gesehen.
4.1.2 Partizipation
Ein wichtiger Bestandteil der Vorbeugung vor sexualisierter Gewalt oder Grenzverletzungen ist die Partizipation von Kindern. Ernst gemeinte Partizipation zielt darauf ab Entscheidungsräume für Kinder zu öffnen. Unsere Kinder werden deshalb in viele Entscheidungen des Alltags einbezogen und erfahren so, dass ihre Stimme Gehör findet. Ihre Handlungsfähigkeit wird durch Anhörung, Mitsprache, Mitwirkung und Einflussnahme erweitert. Dies geschieht z.B. in der Bringsituation, beim Frühstück, in den (Frei-)Spielsituationen, beim Wickeln oder im Singkreis. Hier können die Kinder sich beteiligen und ihre Wünsche oder Ideen einbringen. Die Meinung und die Bedürfnisse der Kinder in unserer Einrichtung sind uns wichtig. Durch eine entwicklungsangemessene Beteiligung der Kinder in gewisse Entscheidungsprozesse erlernen die Kinder ihre Gefühle und Bedürfnisse zu artikulieren. Dies fördert eine offene und vertrauensvolle Atmosphäre in welcher es den Kindern leichter fällt Situationen offen anzusprechen. Grenzüberschreitungen können so bewusster wahrgenommen werden und die Verbalisierung wird den Kindern erleichtert.
4.1.3 Sexualpädagogik
Wir legen sehr viele Wert auf eine ganzheitliche Erziehung. Somit ist auch die Sexualpädagogik Teil unserer täglichen Arbeit. Wir unterstützen Kinder dabei, Wissen über den eigenen Körper zu erhalten, in dem wir Körperteile vernünftig benennen sowie wir ihnen dabei helfen eigene Grenzen zu erkennen und diese zu äußern. Hier wurde sich im Team auf eine einheitliche Benennung festgelegt (klinisch: Vulva und Penis). Durch das Wissen über den eigenen Körper und seine Empfindungen ist es unseren Kinder möglich, Selbstbestimmung und eine körper- bejahende Haltung zu erlangen.
Wichtig ist uns auch die gegenseitige Wertschätzung und Respekt vor der körperlichen und geschlechtlichen Unterschiedlichkeit, diese werden regelmäßig bspw. beim Wickeln zur Sprache gebracht. Zudem wird die Akzeptanz des natürlichen Schamgefühls berücksichtigt und entsprechend auf die Kinder eingegangen. Die Kinder dürfen sich sowohl beim Wickeln, als auch beim An- und Ausziehen und Töpfchen- bzw. Toilettengängen wünschen, von wem sie begleitet werden und, ob dies abseits der Gruppe geschehen soll. Somit kann die Sexualpädagogik auch als Prävention vor sexuellem Missbrauch gesehen werden.
Ebenso gehören zu diesem Schwerpunkt u. a. auch die Unterstützung sinnlicher Wahrnehmung, die Vermittlung von Intimität und verlässlichen Beziehungen und die
Vermittlung von Gefühl und Sprache in angemessener Form. Wichtig dabei sind auch Bereiche, die Rückzugsmöglichkeiten bieten, wie bspw. der Wickelbereich/Schlafbereich. Diese stehen unter besonderer Beachtung und sind durch ein Fenster einsehbar. Die Erzieher*innen legen sich beim Einschlafen zu den Kindern dazu, jedoch wird hier die gewünschte Nähe der Kinder berücksichtig und Grenzen sowohl der Kinder, als auch der Erziehenden eingehalten.
Das Fotografieren der Kinder bei den Campuskrümeln dient nur zur Dokumentation der Bildungs- und Erziehungsarbeit. Toilettengänge und das Wickeln werden bspw. nicht fotografiert.
Bei Eintritt unterzeichnen die Eltern eine Einverständniserklärung bzgl. der Bekleidung/ Nacktheit im Sommer. Es wird der Wille des Kindes im Einklang mit dem Einverständnis der Eltern berücksichtigt.
4.2 Umgang im Team
Der Träger Campuskrümel e.V. verpflichtet sich gemäß §72a Abs. 1,2,4,5 dazu, den Tätigkeitsausschluss, der in der Einrichtung beschäftigten Personen, zu prüfen. Hierfür lässt der sich bei der Personaleinstellung ein erweitertes Führungszeugnis vorlegen. Zudem dient eine Hospitation sowie eine Probezeit dazu die Fähigkeiten, den Umgang mit den Kindern sowie das Nähe-Distanz Verhalten der neu eingestellten Fachkraft zu überprüfen. Alle Mitarbeitenden sind über unser Schutzkonzept, sowie die Verfahrensweisen informiert und achten sensibel auf jegliche Anzeichen von Gefährdungen. Alle sind dazu angehalten potenzielle Gefahrenquellen und Risiken zu erkennen und zu kommunizieren, damit wir entsprechende Maßnahmen einleiten können.
Die Teamarbeit hat eine direkte Auswirkung auf die Arbeit am Kind, demnach pflegen wir einen wertschätzenden und respektvollen Umgang. Konflikte werden zeitnah und in einem dafür geeigneten Rahmen angesprochen und bearbeitet, z.B. in den wöchentlichen Teamsitzungen oder mit externen Supervisor*innen. Zudem stehen die Pädagog*innen in eine regelmäßigen Austausch mit der Fachberatung der Kila-Ini. Das Team nimmt außerdem dreimal im Jahr an Fortbildungen teil, um die Qualität der Arbeit sicherzustellen und weiterzuentwickeln. Zudem finden zwei mal im Jahr von dem Team organisierte Teamtage statt, um sich untereinander auszutauschen, vertrauter zu werden und als Team zusammen zu wachsen.
4.3 Umgang mit den Eltern
Der Umgang innerhalb der Elternschaft hat Auswirkungen auf das Kind. Deshalb legen wir Wert auf eine vertrauens- und achtungsvolle Gesprächskultur. Unklarheiten, Beschwerden und Kritik werden offen angesprochen. Der Elternvorstand ist Ansprechpartner*in im Falle der Vermittlung. Bei Tür -und Angelgesprächen informieren wir die Eltern über aktuelle Entwicklungsschritte, Freuden, Herausforderungen oder Sorgen der Kinder. Bei Bedarf werden Entwicklungsgespräche individuell vorbereitet und mit den Eltern geführt. Die Eltern werden bei Eintritt über die Trägerverpflichtungen zum Bundeskinderschutzgesetz informiert und erhalten das Konzept der Einrichtung, in welchem das hier vorliegende Schutzkonzept eingearbeitet ist.
5. Beschwerde- bzw. Qualitätsverfahren
Wir haben ein klares Beschwerde- bzw. Qualitätsverfahren, welches den Eltern ermöglicht, Bedenken oder Beschwerden vorzubringen. Alle Beschwerden werden ernst genommen und gründlich untersucht. Die Ergebnisse der Untersuchung werden den Eltern mitgeteilt und geeignete Maßnahmen werden ergriffen, um das Problem zu beheben.
Unser Beschwerdeverfahren ist ein integraler Bestandteil unseres Schutzkonzepts und dient dazu, sicherzustellen, dass Bedenken oder Beschwerden bezüglich des Wohlergehens der Kinder in unserer Einrichtung angemessen und effektiv behandelt werden.
Alle Mitarbeitenden, Kinder und Eltern sollen die Möglichkeit bekommen Kritik und Wünsche zu formulieren und in ihre Anliegen ernst genommen zu werden. Ziele des Beschwerdemanagements sind es, jede Beschwerde/Kritik ernst zu nehmen (Annahme), die Kritik als Anregung und Raum für potentielle Verbessern zu nehmen (Annahme), den formulierten Belangen nachzugehen (Bearbeitung) und eine nachvollziehbare Lösung für alle Beteiligten zu finden (Reaktion).
5.1 Beschwerdemanagement nach §8b SGB VIII
Bei den Campuskrümeln möchten wir allen Kindern, Eltern und Kolleg*innen die Möglichkeit geben, Missstände jeglicher Art zu benennen und sich in persönlichen Angelegenheiten zu beschweren. Dies stellt für uns die Grundlage zum Schutz des Kindeswohls dar, denn ein vertrauensvolles und gemeinschaftliches Zusammenleben und Lernen kann sich nur entwickeln, wenn alle die Chance bekommen gehört und ernst genommen zu werden.
5.2 Beschwerdemöglichkeiten für Kinder
In unserem Alltag gibt es mehrere Beteiligungsmöglichkeiten für die Kinder, um diesen aktiv mitgehalten zu können, selbst wenn sie sich verbal noch nicht äußern. Durch Feinfühligkeit und genaues Zuhören oder durch speziell gestellte Fragen gehen wir individuell auf die Kinder ein und versuchen so ihren Bedürfnissen nachzukommen. Jedes einzelne Kind wird mit seinem Anliegen von unseren Fachkräften wahr- und ernst genommen.
Oftmals signalisieren Kinder ihre Unzufriedenheit direkt, deshalb achten wir bei den Kleinkindern auf nonverbalen Signale, wie Körpersprache, Mimik und Gestik, um nach ihren Bedürfnissen zu handeln. Deshalb ist uns auch die Kommunikation und der regelmäßige Austausch innerhalb des Kollegiums wichtig, um so unseren pädagogischen Anspruch und den Kindern gerecht zu werden.
Die Partizipation der Kinder beginnt schon beim Frühstück in dem die Kinder selbstständig wählen dürfen, welches Brot mit welchem Belag sie essen oder wie sie sich ihr Müsli zusammenstellen wollen. Eine weitere Möglichkeit, die wir den Kindern anbieten, um ihre Anliegen zu äußern, ist unser Singkreis, den wir vor dem Mittagessen halten. Hier können wir gemeinsam mit den Kinder z.B. Konflikte aufarbeiten und zusammen Lösungsvorschläge sammeln. Wir achten darauf, dass jedes Kind mit einem Anliegen gehört wird. Dabei sind wir geduldig und einfühlsam, sodass sich das Kind auch ernst genommen fühlt. Die Kinder, die sich nonverbal ausdrücken, unterstützen wir beim Verbalisieren ihrer Anliegen und geben Ihnen Vorschläge und eine altersangemessene Rückmeldung. Dadurch, dass die Kinder unseren Alltag mitbestimmen, vermitteln wir ihnen ein Verständnis für das demokratische Zusammenleben und wollen so für alle eine positive Veränderung bewirken.
Uns ist es wichtig, dass die Kinder ihre eigenen Bedürfnisse wahrnehmen und auch „Stop“ sagen können, um sich zu wehren, wenn es zu Grenzverletzungen kommt. Das ist eine wichtige Fähigkeit. Es geht dabei auch um den Schutz des Kindes. Wir schauen deshalb auf Ressourcen jedes Einzelnen, damit das Kind positiv und selbstbewusst bestärkt wird. Zusammengefasst:
• Kinderbeschwerden drücken sich oft nonverbal durch ihr Verhalten aus (verweigern, wütend sein, weinen…)
• Auf Augenhöhe und mit Feinfühligkeit auf das Problem eingehen
- Kinder im Alltag selbstständig entscheiden zu lassen z.B. beim Frühstück oder im Singkreis
- Jedes Anliegen wird ernst genommen und beachtet
- Regelmäßiger Austausch im Team, um pädagogische Arbeit zu optimieren
- Gemeinsam mit den Kindern nach Lösungen suchen (Partizipation)
- Kinder in ihren Fähigkeiten positiv bestärken (Ressourcenorientiert)5.3 Beschwerdemöglichkeit für Eltern
Positiver Umgang mit Beschwerden und wertschätzende KommunikationDie Eltern sind im Kinderladen Beteiligte und folgend dann auch mit eigenen Aufgaben Betraute. Sie möchten sich zum Wohl ihrer Kinder aufeinander verlassen können und mit ihren Bedürfnissen wahrgenommen werden. Steht das Verhalten einzelner Personen, ein bestimmter Zustand oder eine bestimmte Praxis im Kinderladen dem entgegen, können und sollten sie das ansprechen, d.h. sich beschweren. Beschwerden können zu einer Verbesserung des Miteinanders führen, indem Missverständnisse ausgeräumt, wechselseitige Erwartungen klarer formuliert und bestehende Zustände und Prozesse im Kinderladen besser an die Bedürfnisse aller Mitwirkenden angepasst werden können. Der Kinderladen und alle Beteiligten profitieren somit von einem positiven Umgang mit Beschwerden, d.h. von einer Kultur, die Beschwerden aus der Elternschaft ermutigt und sie konstruktiv aufgreifen kann. Das Beschwerdemanagement „Eltern“ soll hierzu einen geeigneten Rahmen zur Verfügung stellen.Beschwerden stehen dem Prinzip der wertschätzenden Kommunikation im Kinderladen nicht entgegen. Der Rahmen des Beschwerdemanagements soll es dem/der Beschwerdeführer*in und dem/der Adressat*in der Beschwerde erleichtern, den Beschwerdeprozess im Einklang mit der positiven, offenen, freundlichen Atmosphäre zu halten, die wir im Kinderladen anstreben. Der zentrale Beitrag des Beschwerdemanagements besteht in der Förderung der direkten Kommunikation zwischen dem/der Beschwerdeführer*in und dem/der Adressat*in den Beschwerde im Beschwerdeprozess.Anwendung im Kinderladen, VerantwortlichkeitDas Beschwerdemanagement „Eltern“ ist anzuwenden, sobald Eltern Beschwerdeführer*innen und/oder Adressat*innen der Beschwerde sind. Grundsätzlich
können jedoch alle Erwachsenen im Kinderladen Beschwerdeführer*in oder Adressat*in sein, solange ein Elternteil beteiligt ist.
Zuständig für das Beschwerdemanagement ist der Elternvorstand. Der Elternvorstand soll auf die Anwendung des Beschwerdemanagements im Kinderladen hinwirken, indem es die Elternschaft jährlich darauf hinweist und bei Bedarf nähere Auskunft gibt. Die zuständigen Personen wirken darauf hin, dass die Beschwerdewege eingehalten werden.
Klärung
Der Beschwerdeprozesses ist beendet, wenn eine Klärung erfolgt ist. In der Klärung soll die Beschwerde konstruktiv aufgegriffen werden. Das heißt entweder, dass ein bestimmtes individuelles Verhalten, ein bestimmter Zustand oder eine bestimmte Praxis – inklusive der formellen und informellen Informationswege – im Kinderladen verändert werden muss, oder aber einer besseren Begründung bedarf.
Ob eine Klärung erreicht wurde, entscheiden die Beteiligten. Beteiligt sind zunächst der/ die Beschwerdeführer*in und der/die Adressat*in der Beschwerde. Nur, wenn im Wege der direkten Kommunikation keine Klärung gefunden werden konnte, werden gemäß der folgenden Beschwerdewege weitere Personen, wie bspw. die Krippenleitung oder die Fachkraft der Kila-Ini, beteiligt, bis eine Klärung erreicht ist.
Beschwerdewege
Beschwerden können persönlich (A), aber auch anonym (B) vorgebracht werden. Die persönliche Beschwerde ist nach Möglichkeit vorzuziehen, da die Beschwerde auf Nachfrage präzisiert werden und somit eher eine Klärung erreicht werden kann, die den/ die Beschwerdeführer*in zufrieden stellt. Eine anonym vorgebrachte Beschwerde kann jederzeit in eine persönliche Beschwerde umgewandelt werden, wenn sich der/die Beschwerdeführer*in dazu entscheidet.
A: Persönliche Beschwerde
Die persönliche Beschwerde kann sich sowohl auf das Verhalten von Personen beziehen als auch sachlich in einen oder mehrere Zuständigkeitsbereiche fallen, die im Rahmen der Arbeitsteilung im Kinderladen verschiedenen Verantwortlichen zugewiesen sind. In der Regel wird Beides zutreffen und zu Beginn des Beschwerdeprozesses noch unklar sein, auf welcher Ebene die Klärung erreicht werden kann. Die persönliche Beschwerde
1. Soll im Wege der direkten Kommunikation an die Person gerichtet werden, deren Verhalten zu der Beschwerde Anlass gegeben hat. Der Elternvorstand kann sich im Vorfeld ggf. mit den anderen Vorständen zum Beschwerdeverfahren beraten.
Wenn das noch nicht zur Lösung führt, weil weitere Unterstützung notwendig ist oder das Problem nicht auf der persönlichen Ebene liegt,
2. richtet man sich im Wege der direkten Kommunikation an die Person, in deren Zuständigkeitsbereich das Problem liegt. Beratung und Unterstützung (s.o.) sind möglich.
Zuständig sind bei uns
a) Die Vorstände (Eltern-, Personal-, Finanz-)
b) Die Teamleitung (für alle pädagogischen Angelegenheiten und -Mitarbeiter*innen)
c) Die Elternämter
Über die Information, wer gerade die Krippenleitung ist und wer welches Elternamt hat wird einmal jährlich im August eine Liste erstellt, welche in einem Ordner im Flur für alle einsehbar ist.
Sind die Wege der direkten Kommunikation trotz Unterstützung und Beratung ausgeschöpft, ohne dass eine Klärung herbeigeführt werden konnte,
3. richten sich Eltern (zusätzlich) an den Elternvorstand als Vertreter der Anliegen aus der Elternschaft untereinander, im Vorstand und in gemeinsamen Beratungen von Vorstand und Teamleitung. Der Elternvorstand muss die Beschwerde ebenfalls annehmen und bearbeiten. Er muss sich stellvertretend für den/die Beschwerdeführer*in um eine Klärung bemühen, d.h. dessen Beschwerde je nach Sachlage im Vorstand, vor der Elternschaft oder der Teamleitung vertreten und das Ergebnis mitteilen. Alternativ muss der Elternvorstand dem/der Beschwerdeführer *in die Gründe mitteilen, aus denen er die Beschwerde nicht vertritt.
Falls auch durch den Elternvorstand keine Klärung herbeigeführt werden konnte, oder Dieser die Beschwerde nicht vertritt,
4. Können andere Elternämter eigeschaltet werden. Das eingeschaltete Elternamt legt die Beschwerde der Elternschaft zur Beratung und Entscheidung auf dem Elternabend vor und leitet an Stelle des Vorstands die Diskussion und Abstimmung. Es gelten die Abstimmungsregeln für Elternabende. Den Konfliktparteien muss die Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben werden. Ein sachliches Problem kann von der Elternschaft entweder nach Beratung entschieden oder an einen Arbeitskreis delegiert werden, der bei folgenden Elternabenden über seine Fortschritte berichten muss. Das Ergebnis wird im Protokoll schriftlich festgehalten. Der Vorstand muss der Entscheidung zustimmen.
Lehnt der Vorstand das Votum der Elternschaft ab oder bestehen weiterhin Uneinigkeiten, die die Zusammenarbeit im Kinderladen ernsthaft in Frage stellen,
5. können die Elternämter einen Moderationsprozess mit Hilfe übergeordneter Instanz (z.B. der KiLa-Ini) in Gang setzen. Hierzu wird der nötige Kontakt durch die Eltern hergestellt und sich um gemeinsame Termine gekümmert. Das Moderationsverfahren wird gemeinsam mit der KiLa-Ini festgelegt. Das Ergebnis wird von allen Beteiligten akzeptiert.
B: Anonyme Beschwerden
Die Campuskrümel richten einen Beschwerdebriefkasten, das Elternvorstandsfach, ein, für den der Elternvorstand zuständig ist. Neue Eltern werden auf ebendiesen Beschwerdebriefkasten hingewiesen. Es leitet die Beschwerden auf den oben beschriebenen Wegen weiter. Die Lösung, wenigstens aber eine angemessene Reaktion, wird auf dem Elternabend vorgestellt.
Förderung der direkten Kommunikation im Beschwerdeprozess
Der Elternvorstand fördert die direkte Kommunikation bei Beschwerden im Kinderladen durch Beratung und Unterstützung. Es gibt Wege bekannt, auf denen sie hierzu erreichbar sind. Allein hierdurch werden sie jedoch noch nicht zu Beteiligten.
- Beratung: Der Elternvorstand kann den Beschwerdeführenden bereits im Vorfeld der Beschwerde zum Beschwerdeprozess beraten. Sie können ihnen auf diese Weise helfen, ihr Anliegen im direkten Gespräch selbst vorzubringen und selbst auf eine Klärung im Rahmen der direkten Kommunikation hinzuwirken.
- Unterstützung: Der Elternvorstand kann auch hinzugezogen werden, wenn die Beschwerdeführenden Hilfe brauchen, um ein direktes Gespräch zu initiieren oder zu Ende zu führen. Das kann der Fall sein, wenn das direkte Gespräch allein deshalb nicht zustande kommt, weil sich fortgesetzt kein geeigneter Rahmen finden lässt, oder wenn auf eine vorgebrachte Beschwerde nach Ablauf einer angemessenen Bedenkzeit keine Reaktion erfolgt.
- Mitwirkung: Je nach Fall kann es auch nötig werden, dass der Elternvorstand den Beschwerdeführenden beim direkten Gespräch durch seine Anwesenheit und Mitwirkung unterstützt. Das kann sein, wenn der Beschwerdeführer sich mit einem starken formellen oder informellen Machtgefälle konfrontiert sieht oder sein Verhältnis von einer anderen Art der Asymmetrie gekennzeichnet ist, insbesondere von Sprachbarrieren. Beschwerdeführer und Adressat können auch gemeinsam entscheiden, das Beschwerdeamt bei einem Gespräch zu dritt dabei haben zu wollen.
Kommunikation im Fall einer Beschwerde
Jede*r im Kinderladen ist gehalten, die eigene Kommunikation so zu gestalten, dass die positive und vertrauensvolle Zusammenarbeit im Kinderladen auch dann nicht beeinträchtigt wird, wenn es zu einer Beschwerde kommt.
Die Beschwerdeführenden sollen
- dazu ermutigt werden, die Beschwerde dem/der Adressat*in der Beschwerde direkt, d.h.im persönlichen Gespräch, vorzutragen, im Vertrauen darauf, dass ihm/ihr weitere Wege offen stehen, wenn das Anliegen nicht gehört wurde. Umgekehrt sollte er /sie dem/der Adressat*in einer Beschwerde die Gelegenheit einräumen, die Beschwerde im persönlichen Gespräch mit dem/der Beschwerdeführer*in zu klären, bevor andere Personen mit einbezogen werden.
- einen geeigneten Rahmen wählen, um die Beschwerde vorzutragen. Der Rahmen sollte ein vertrauliches Gespräch ohne Eile ermöglichen. Insbesondere entspannte Abholsituationen, gemeinsame Feste oder Krümelnachmittage dienen als Gelegenheiten. Die Teamleitung soll Beschwerden an die pädagogisch Mitarbeitenden möglich machen und gibt bekannt, bei welchen Gelegenheiten Beschwerden den pädagogisch Mitarbeitenden vorgebracht werden können, wie bspw. in zeitlich entspannten Abholsituationen oder kurzfristig geplanten Einzelgesprächen dem/der Adressat*in der Beschwerde respektvoll begegnen und die Beschwerde sachlich vortragen.
- dem/der Adressat*in der Beschwerde auf Wunsch eine Bedenkzeit einräumen, damit diese*r auf das Anliegen angemessen reagieren kann.
- sich an den weiteren vorgesehenen Beschwerdewegen orientieren, falls keine Lösung gefunden werden konnte oder andere Gründe den Prozess behindern.Der Adressat/die Adressatin der Beschwerde soll
- seinerseits den Beschwerdeführenden respektvoll begegnen, sein/ihr Anliegen anhörenund die Beschwerde zunächst einmal annehmen.
- um die Beschwerde ernsthaft zu reflektieren (Bearbeitung) kann sich der/die Adressat*in eine angemessene Bedenkzeit, welche nicht länger als ca. eine Woche betragensollte, erbeten.
- der Adressat/die Adressatin muss die Beschwerde, ggf. nach Ablauf der Bedenkzeit,beantworten (Reaktion).5.4 Beschwerdemöglichkeit für TeammitgliederUm eine positive und wertschätzende Atmosphäre in der Einrichtung zu erhalten, ist eine gute Kommunikation von großer Bedeutung.Konflikte im Team oder zwischen Elternschaft und Team wirken sich auf die gesamte Stimmung in der Einrichtung aus. Eine gute Zusammenarbeit aller Beteiligten ist Pflicht um eine gute Pädagogische Arbeit am Kind leisten zu können. Dazu zählt es auch in „Krisenzeiten“ Meinungen offen ansprechen und Kritik an geeigneter Stelle äußern zu dürfen.Wir als Team bringen eine positive Grundhaltung mit. Stärken und Schwächen der anderen Teammitglieder oder der Familien nehmen wir an.
Um auch der Herausforderung bei der Besprechung von Problemen gerecht zu werden, folgt hier eine Auflistung der Möglichkeiten inwiefern auch wir als Team unsere Beschwerden anbringen können.
- Für eine gute Teamzusammenarbeit tauschen wir uns regelmäßig in der wöchentlichen Dienstbesprechung offen aus. Probleme und Herausforderungen versuchen wir gemeinsam zu meistern. Durch gegenseitiges Vertrauen können wir ehrlich miteinander diskutieren.
- Sollte die Problemlösung im Team nicht möglich sein, können auch Einzelgespräche stattfinden, um Hintergründe der Beschwerde besser verstehen zu können. Auf Wunsch kann das Gespräch auch unter Einbeziehung der Leitung oder des Personalvorstands möglich sein, die dann zu einer Moderation des Gesprächs aufgefordert werden.
- Die Leitung ist bei Problemen Ansprechpartner*in, wenn das Team oder einzelne Personen aus dem Team keinen gemeinsamen Lösungsweg finden kann. Sie nimmt Beschwerden über Eltern, Mitarbeitende, Kindern oder auf zu der eigenen Arbeit möglichst wertfrei an. Die Leitung begegnet neuen Ideen mit Offenheit und pflegt einen konstruktiven Umgang mit Vorschlägen und Kritik. Die Leitung eruiert die Vorschläge und gibt dann Rückmeldung über Umsetzung. Bei einer begründeten Ablehnung des Vorschlages, muss diese auch vom Team vorbehaltlos akzeptiert werden.
- Bei nicht eigenständig lösbaren Konflikten kann eine externe Beratung der Kinderladen- Initiative in Anspruch genommen werden.
6. Handlungsplan im Verdachtsfall
Im Falle eines Verdachts oder einer Meldung von Kindeswohlgefährdung haben wir ein Interventionskonzept, das die sofortige Untersuchung des Vorfalls und den Schutz des betroffenen Kindes umfasst. Dies kann die Meldung an die zuständigen Behörden, die Unterstützung des Kindes und/oder die Einleitung von Disziplinarmaßnahmen gegen das beteiligte Personal beinhalten. Unser Interventionsverfahren ist ein entscheidender Bestandteil unseres Schutzkonzepts und dient dazu, sicherzustellen, dass wir angemessen und effektiv auf Verdachtsfälle oder gemeldete Fälle von Kindeswohlgefährdung reagieren.
6.1 Verdachtsfall außerhalb der Einrichtung (Vorgehen nach §8a SGB VIII)
Liegt eine Vermutung auf Kindeswohlgefährdung vor werden die in §3 dargestellten Handlungsschritte der Rahmenvereinbarung umgesetzt. Bei Verdacht durch gewichtige Anhaltspunkte werden alle Beobachtungen, Äußerungen usw. dokumentiert. Kann der Verdacht auf Kindeswohlgefährdung im Rahmen einer Rücksprache im Team und mit der Leitung bzw. kollegialen Beratung nicht ausgeräumt werden, wird durch den Vorstand eine insoweit erfahrene Fachkraft (Kinderladen-Initiative e.V.) einbezogen. Gemeinsam wird eine Gefährdungseinschätzung vorgenommen. Liegt eine akute Kindeswohlgefährdung vor, wie der Fall an das Jugendamt übergeben, analog dazu werden die Eltern informiert. Wenn eine Gefährdung nicht auszuschließen ist, findet ein Gespräch mit den Eltern/ Erziehungsberechtigten statt, in dem gemeinsam auf das Kind geschaut wird. Den Erziehungsberechtigten werden Unterstützungsangebote zur Verfügung gestellt. Bspw. wird eine Adressliste von verschiedenen Institutionen (Beratungsstellen, Jugendamt, Kinderärzt*innen usw.) übergeben. Die Kooperationsbereitschaft der Erziehungsberechtigten wird geklärt und es werden schriftliche, verbindliche Vereinbarungen festgehalten, um sicherzustellen, dass die Erziehungsberechtigten die Hilfe zeitnah in Anspruch nehmen.
Die Leitung der Einrichtung achtet darauf, dass die angebotenen Hilfen ausreichen, um die Kindeswohlgefährdung abzuwenden, andernfalls informiert sie das Jugendamt.
Sollte nach der Risikoeinschätzung keine Gefährdung, allerdings Hilfebedarf (bspw. Hilfe zur Erziehung) erkennbar sein, wird ein Elterngespräch geführt. Hier besprechen wir den Stand des Kindes, bieten unsere Unterstützung an und weisen auf freiwillige Beratungsmöglichkeiten hin. Dies wird ggf. von der Leitung überprüft.
6.2 Verdachtsfall innerhalb der Einrichtung durch Mitarbeitende
Liegen Hinweise (durch Kinder, Eltern oder Mitarbeiter*innen) auf Kindeswohlgefährdung durch Mitarbeiter*innen innerhalb der Einrichtung vor, werden auch hier sofort alle Hinweise, Wahrnehmungen und Beobachtungen sorgfältig dokumentiert. Die Leitung und der Vorstand werden umgehend informiert. Diese führen, ggf. unter Hinzuziehung einer erfahrenen Fachkraft (Kinderladen-Initiative e.V.), eine Erstbewertung der Hinweise, anhand einer Plausibilitätsprüfung und einer Gefährdungseinschätzung durch. Liegen keinerlei Hinweise auf eine Kindeswohlgefährdung vor, wird das Verfahren beendet. Ergibt die Bewertung das Ergebnis, dass eine Kindeswohlgefährdung nicht ausgeschlossen werden kann können noch weitere Fachberatungen oder Spezialberatungsstellen hinzugezogen werden. Die betroffene Fachkraft wird freigestellt, solange sich das Verfahren in Prüfung befindet. Wenn Hinweise auf Kindeswohlgefährdung vorliegen wird zusätzlich noch die Aufsichtsbehörde einbezogen. In beiden genannten Fällen findet eine 17 von 28
vertiefende Prüfung statt, welche folgende Maßnahmen beinhaltet: Anhörung des/der Beschuldigten, Information der Eltern betroffener Kinder, ggf. Einleitung strafrechtlicher Maßnahmen, Einbeziehung Aufsichtsbehörde, Gespräche mit Mitarbeitenden und der Leitung und Einbeziehung externer Beratung, sowie juristischer Beratung. Abschließend wird eine zusammenfassende Bewertung eruiert. Liegt anhand dieser Bewertung eine Gefährdung vor oder ist unklar, werden weitere Maßnahmen unter juristischer Begleitung getroffen. Das Team wird beraten und alle Eltern der Krippe werden informiert. Liegt keine Gefährdung vor wird der oder die Beschuldigte rehabilitiert.
7. Kooperationen
Wir arbeiten eng mit der Kinderladen-Initivative e.V. als „Fachkraft“ zu Kinderschutzfragen, aber auch mit anderen Beratungsstellen und relevanten Organisationen, bspw. dem Jugendamt, zusammen, um den bestmöglichen Schutz für die Kinder in unserer Einrichtung zu gewährleisten. Diese Kooperationen ermöglichen es uns, auf Ressourcen und Expertise zurückzugreifen, um angemessen und ihm Wohl des Kindes mit Kindeswohlgefährdung umzugehen sowie unser Schutzkonzept ständig zu verbessern.
8. Anhang
8.1 Rahmenvereinbarung zur Sicherstellung zur Sicherstellung des Schutzauftrags nach §8a SGB VIII
Vertragspartner sind:
a) Die Region Hannover, Fachbereich Jugend,
b) die Landeshauptstadt Hannover, Fachbereich Jugend und Familie,
c) Arbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege Region Hannover,
d) die Stadt Burgdorf,
e) die Stadt Laatzen,
f) die Stadt Langenhagen,
g) die Stadt Lehrte
h) die Stadt Springe. Erster
Abschnitt Schutzauftrag nach 8a SGB VIII
§1 Allgemeiner Schutzauftrag
- Allgemeine Aufgabe der Kinder- und Jugendhilfe ist es, Kinder und Jugendliche davor zu bewahren, dass sie in ihrer Entwicklung durch den Missbrauch elterlicher Rechte oder eine Vernachlässigung Schaden erleiden. Kinder und Jugendliche sind vor Gefahren für ihr Wohl zu schützen ( 1 Abs. 3 Nr. 3 SGB VIII).
- 8a SGB VIII konkretisiert diesen allgemeinen staatlichen Schutzauftrag als Aufgabe der Jugendämter, verdeutlicht die Beteiligung der freien Träger an dieser Aufgabe und beschreibt Verantwortlichkeiten der beteiligten Fachkräfte.
- Der Träger erbringt Leistungen gegenüber Eltern, Kindern und Jugendlichen selbständig auf der Basis entsprechender Vereinbarungen mit diesen. Die Leistungserbringung dient der Förderung der Erziehung zur eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit der jungen Menschen. Dazu gehört auch, Kinder und Jugendliche vor Gefahr für ihr Wohl zu schützen. Diese Aufgabe wird vom Träger u. a. durch den Abschluss dieser Vereinbarung wahrgenommen.
- Der Träger stellt durch geeignete betriebliche Maßnahmen sicher, dass die Fachkräfte über diese Vereinbarung und insbesondere über die gewichtigen Anhaltspunkte zur Kindeswohlgefährdung (s. Anlage 1) unterrichtet sind und hierbei mindestens die in der Anlage zu dieser Vereinbarung enthaltene Liste wichtiger Anhaltspunkte beachtet wird. Bei der Abschätzung von Risiken sind auch kritische Zeitpunkte zu beachten. Diese können insbesondere sein: Wechsel der fallvertrauten Fachkraft im Jugendamt Wechsel der Zuständigkeit von einem Jugendamt zum anderen Wechsel von einem freien Träger auf einen anderen Träger Mitarbeiterwechsel aufgrund von Urlaub oder Personalfluktuation beim freien Träger Beendigung einer Maßnahme
§2 Umsetzung der Vereinbarung
- Diese Vereinbarung gemäß §8a Abs. 2 SGB VIII zwischen dem örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe und dem Träger von Einrichtungen und Diensten gilt für alle von dem freien Träger betriebenen Einrichtungen und Diensten, soweit in ihnen Fachkräfte (§72 SGB VIII) beschäftigt werden. Diese Vereinbarung soll durch arbeitsfeldbezogene Regelungen ergänzt werden.
- Die Umsetzung dieser Vereinbarung ist im Rahmen der Leistungs- und Qualitätsentwicklungsvereinbarungen nach §78 ff SGB VIII zu berücksichtigen. Sofern bei der Umsetzung zusätzliche Kosten entstehen, ist dies auch bei den Betriebskosten und Entgeltvereinbarungen zu berücksichtigen.
§3 Handlungsschritte
- Nimmt eine Fachkraft gewichtige Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung (s. Anlage 1) wahr, teilt sie diese der zuständigen Leitung mit.
- Wenn die Vermutung eines gewichtigen Anhaltspunkts für ein Gefährdungsrisiko im Rahmen einer kollegialen Beratung nicht ausgeräumt werden kann, ist die Abschätzung des Gefährdungsrisikos unter Einbeziehung einer insoweit erfahrenen Fachkraft (§5) formell vorzunehmen.
- Werden Jugendhilfeleistungen zur Abwendung des Gefährdungsrisikos für erforderlich gehalten, ist bei den Personensorgeberechtigten auf die Inanspruchnahme solcher Leistungen hinzuwirken.
- Werden zur Abwendung des Gefährdungsrisikos andere Maßnahmen für erforderlich gehalten (z.b. Gesundheitshilfe, Maßnahmen nach dem Gewaltschutzgesetz), so ist bei den Personensorgeberechtigten auf deren Inanspruchnahme hinzuwirken.
- Der Träger unterrichtet das für die Jugendhilfemaßnahme zuständige Jugendamt (§4), wenn die für erforderlich gehaltenen und von den Personensorgeberechtigten akzeptierten Jugendhilfeleistungen nach Abs. 3 und andere Maßnahmen nach Abs. 4 von ihm selbst nicht angeboten werden. Der Träger unterrichtet das zuständige Jugendamt unverzüglich, wenn Jugendhilfemaßnahmen nach Abs. 3 oder andere
Maßnahmen nach Abs. 4 nicht ausreichen oder die Personensorgeberechtigten nicht in der Lage oder nicht bereit sind, sie in Anspruch zu nehmen.
- Der Träger stellt durch geeignete Maßnahmen die Einhaltung dieser Handlungsschritte sicher.
- Weitergehende Vereinbarungen zwischen dem zuständigen Jugendamt und dem Träger zur Erbringung von Hilfen zur Erziehung nach SGB VIII bleiben von diesen Regelungen unberührt.
- Ist die Gefährdung des Wohls des Kindes oder Jugendlichen so akut, dass bei Durchführung der vereinbarten Abläufe mit großer Wahrscheinlichkeit das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen nicht gesichert werden kann, so liegt ein Fall der dringenden Gefährdung des Wohls des Kindes vor. Dies gilt auch für die Fälle, in denen die Personensorgeberechtigten oder Erziehungsberechtigten nicht bereit oder in der Lage sind, bei der Abschätzung des Gefährdungsrisikos mitzuwirken. In diesen Fällen ist eine unverzügliche Information des zuständigen Jugendamts zwingend notwendig.
§4 Inhalt und Umfang der Mitteilung an das zuständige Jugendamt
Die Mitteilung an das zuständige Jugendamt nach §3 Abs. 5 und 8 enthält mindestens und soweit dem Träger bekannt Angaben über:
- Name, Anschrift, ggf. abweichender Aufenthaltsort des Kindes oder Jugendlichen;
- Name, Anschrift, ggf. abweichender Aufenthaltsort der Eltern und anderer Personensorgeberechtigten;
- beobachtete gewichtige Anhaltspunkte;
- Ergebnis der Abschätzung des Gefährdungsrisikos;
- bereits getroffene und für erforderlich gehaltene weitere Maßnahmen;
- Beteiligung der Personensorgeberechtigten sowie des Kindes oder Jugendlichen;
- Ergebnis der Beteiligung;
- beteiligte Fachkräfte des Trägers, ggf. bereits eingeschaltete weitere Träger von Maßnahmen; weitere Beteiligte oder Betroffene.
- Die Mitteilung erfolgt mittels eines Vordruckes (siehe Anlage 2, hier nicht mit angehängt). Sie ist per Fax und sodann per Post an die in der Anlage 2 aufgelisteten, jeweils zuständigen öffentlichen Jugendhilfeträger zu übermitteln.
§5 Beteiligung einer erfahrenen Fachkraft an der Einschätzung des Gefährdungsrisikos
- Die zur Abschätzung des Gefährdungsrisikos zu beteiligende Fachkraft soll über folgende Qualifikationen verfügen: einschlägige Berufsausbildung (Dipl.- Sozialpäd., Dipl.-Psych. oder gleichwertige Qualifikationen) bei gleichzeitiger persönlicher Eignung, Qualifizierung durch fachbezogene Fortbildung. Eine Fortbildung wird anerkannt, wenn sie speziell den 8a SGB VIII zum Inhalt hat und mindestens 30 Stunden umfasst. umfassende Praxiserfahrung in der Jugendhilfe, Fähigkeit zur Kooperation mit den Fachkräften öffentlicher und freier Träger der Jugendhilfe, sowie mit weiteren Einrichtungen (z. B. der Gesundheitshilfe, Polizei), Kompetenz zur kollegialen Beratung.
- Der Träger verfügt selbst in seiner Organisation über derartige Fachkräfte nach Absatz 1 oder er hat direkten Zugang zu solchen Fachkräften. Er benennt die erfahrene Fachkraft dem Jugendamt unter Nachweis der Qualifikation (Anlage 3, hier nicht mit angehängt). Änderungen sind anzeigepflichtig. Über die benannten Fachkräfte soll Einvernehmen zwischen dem Träger und dem Jugendamt hergestellt werden. Verfügt der Träger nicht über Fachkräfte nach Abs. 1, wird im gegenseitigen Einvernehmen geregelt, welche Fachkräfte hinzugezogen werden können.
- Über die zusätzlichen Kosten der zu beteiligenden erfahrenen Fachkräfte nach Abs. 1 und 2 sind im Vorwege gesonderte Regelungen zu treffen.
§6 Einbeziehung der Personensorgeberechtigten
Der Träger stellt sicher, dass die Personensorgeberechtigten einbezogen werden, soweit hierdurch der wirksame Schutz des Kindes oder des Jugendlichen nicht in Frage gestellt wird (§8a Abs. 1 Satz 2 SGB VIII).
§7 Einbeziehung des Kindes oder des Jugendlichen
Der Träger beachtet die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen gemäß §8 SGB VIII (insbesondere altersgerechte Beteiligung, Aufklärung über Rechte). Davon kann im Einzelfall nur abgewichen werden, wenn durch die Einbeziehung ihr wirksamer Schutz in Frage gestellt werden würde (§8a Abs. 1 Satz 2 SGB VIII).
§8 Dokumentation
- Der Träger stellt sicher, dass die beteiligten Fachkräfte die Wahrnehmung der Aufgaben und Verpflichtungen aus dieser Vereinbarung umgehend schriftlich und nachvollziehbar dokumentieren.
- Unbeschadet weiter gehender Regelungen des Trägers erfasst die Dokumentationspflicht alle Verfahrensschritte und sollte bei jedem Verfahrensschritt mindestens beinhalten: beteiligte Fachkräfte, zu beurteilende Situation, Ergebnis der Beurteilung, Art und Weise der Ermessensausübung, weitere Entscheidungen, Definition der Verantwortlichkeit für den nächsten Schritt, Zeitvorgaben für Überprüfungen (siehe auch §4).
§9 Datenschutz
Soweit dem Träger bzw. den von ihm beschäftigten Fachkräften zur Sicherstellung dieses Schutzauftrags (gemäß 1.1) Informationen bekannt werden oder von ihm ermittelt werden müssen und die Weitergabe dieser Informationen zur Sicherstellung des Schutzauftrags erforderlich ist, bestehen keine die Wahrnehmung dieser Aufgabe einschränkenden datenschutzrechtlichen Vorbehalte. Insofern gilt der Grundsatz, dass Sozialdaten zu dem Zweck übermittelt oder genutzt werden dürfen, zu dem sie erhoben worden sind (§ 64 Abs. 1 SGB VIII, §69 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGB X). Bei anvertrauten Daten sind die Regelungen des §65 Abs. 1 Nr. 4 SGB VIII zu beachten.
§10 Trägerinterne Qualitätssicherung
Der Träger stellt sicher, dass die zuständigen Leitungen für die sachgerechte Unterrichtung der Fachkräfte über die Verpflichtungen aus §8a SGB VIII Sorge tragen, ebenso für eine regelmäßige Auswertung der Erfahrungen mit den getroffenen Regelungen (Evaluation) sowie für die Einbeziehung weiterer fachlicher Erkenntnisse. Diese Maßnahmen der Qualitätssicherung sind in der Regel einmal jährlich durchzuführen.
§11 Gemeinsame Auswertung
- Da eine dauerhafte fallunabhängige Sicherung des Wohles von Kindern und Jugendlichen nur möglich ist, wenn funktionierende Kooperationsbeziehungen bestehen und die Verfahrensabläufe für alle Beteiligten klar sind, erfolgt durch die beteiligten Jugendämter eine Information des Trägers über den weiteren Verlauf in den gemeldeten Fällen der Kindeswohlgefährdung. Bei zwischenzeitlichem Trägerwechsel wird sowohl der alte als auch der neue Träger informiert. Hierbei sind die datenschutzrechtlichen Vorgaben zu beachten.
- Zwischen den beteiligten Jugendämtern und Trägern erfolgt eine gemeinsame Auswertung der Fälle von Kinderwohlgefährdung, um eine Verbesserung der Risikoeinschätzung und Verfahrensabläufe zu erreichen.
- Aufgrund der in diesem Zusammenhang gewonnenen Erkenntnisse erfolgt ggf. eine Überarbeitung dieser Vereinbarung.Zweiter Abschnitt Umsetzung von §72a SGB VIII Persönliche Eignung
§12 Persönliche Eignung von Beschäftigten bei Trägern von Einrichtungen und Diensten
- Der Träger stellt sicher, dass bei ihm keine Personen beschäftigt werden, die rechtskräftig wegen einer Straftat nach den §§171, 174 bis 174c, 176 bis 181a, 182 bis 184e oder 225 des Strafgesetzbuches verurteilt worden sind.
- Der Träger verpflichtet sich, sich von Stellenbewerbern bei Neueinstellungen ein Führungszeugnis nach §30 Abs. 1 BZRG vorlegen zu lassen. Von seinen Beschäftigten verlangt der Träger in regelmäßigen Abständen von längstens 5 Jahren erneut die Vorlage eines Führungszeugnisses. (Vorbehalt: Sollte diese Regelung nicht mit den Datenschutzbestimmungen vereinbar sein, ist sie zu streichen.) Unabhängig von der Frist in Satz 2 soll der Träger bei konkreten Anhaltspunkten für das Vorliegen einer Verurteilung im Sinne des Abs. 1 die Vorlage eines aktuellen Führungszeugnisses fordern.
(3) In den Verträgen mit Beschäftigten soll der Träger vorsehen, dass Beschäftigte bei Anhaltspunkten für Ermittlungen wegen des Verdachts einer Straftat nach Aufforderung des Trägers eine wahrheitsgemäße Selbstauskunft über die Einleitung der Ermittlungen sowie den Inhalt der Beschuldigung zu erteilen haben.
Dritter Abschnitt Beitritt, Schlichtung, Kündigung, In-Kraft-Treten
§13 Beitritt/Widerruf
Der Beitritt zu dieser Vereinbarung geschieht mittels Beitrittserklärung (Anlage 4, hier nicht mit angehängt) gegenüber der Region Hannover. Die Beitrittserklärung kann mit einer Frist von sechs Monaten zum Jahresende widerrufen werden. Der Widerruf erfolgt in Schriftform.
§14 Schlichtung
Bei Streitigkeiten aus dieser Vereinbarung wird vor Beschreitung des Rechtswegs die Schlichtungsstelle angerufen. Die Schlichtungsstelle wird mit je zwei Vertreterinnen oder Vertretern der AGW-Region Hannover und der Jugendhilfeträger in der Region Hannover besetzt. Zusätzlich benennen die AGW- Region Hannover und die Jugendhilfeträger in der Region Hannover im zweijährigen Wechsel den oder die Vorsitzende(n). Die erstmalige Benennung des oder der Vorsitzenden steht der AGW-Region Hannover zu. Die Geschäftsführung für die Schlichtungsstelle nach diesem Vertrag obliegt der Region Hannover.
§15 Kündigung
Diese Vereinbarung hat eine Laufzeit von drei Jahren. Die Laufzeit verlängert sich jeweils um ein Jahr, wenn keine der Parteien eine Kündigung bis zum eines Jahres zum Jahresende ausspricht. Die Kündigung bedarf der Schriftform.
§16 In-Kraft-Treten
Diese Vereinbarung tritt 2014 in Kraft.
Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung Anlage 1
(aus: Landesbetrieb Erziehung und Berufsbildung der Stadt Hamburg: Dienstanweisung Schutz bei Kindeswohlgefährdung in der Fassung vom 01.10.2005)
Die nachfolgend aufgeführten Anhaltspunkte sind keine abschließende Auflistung, sie erfassen nicht alle denkbaren Gefährdungssituationen. Äußere Erscheinung des Kindes
Starke Unterernährung
Fehlen jeder Körperhygiene (z.b. Schmutz- und Kotreste auf der Haut des Kindes/ faulende Zähne)
Mehrfach völlig witterungsunangemessene oder völlig verschmutzte Bekleidung
Verhalten des Kindes
- Wiederholte oder schwere gewalttätige und/oder sexuelle Übergriffe gegen andere Personen
- Kind wirkt berauscht und/oder benommen bzw. im Steuern seiner Handlungen unkoordiniert (Einfluss von Drogen, Alkohol, Medikamenten)
- Wiederholtes apathisches oder stark verängstigtes Verhalten des Kindes
- Äußerungen des Kindes, die auf Misshandlung, sexuellen Missbrauch oder Vernachlässigung hinweisen
- Kind hält sich wiederholt zu altersunangemessenen Zeiten ohne Erziehungsperson in der Öffentlichkeit auf (z.b. nachts allein auf dem Spielplatz)
- Kind hält sich an jugendgefährdenden Orten auf (z.b. Stricherszene, Lokale aus der Prostitutionsszene, Spielhalle, Nachtclub)
• Offensichtlich schulpflichtige Kinder bleiben ständig oder häufig der Schule fern • Kind begeht gehäuft Straftaten
Verhalten der Erziehungspersonen der häusliche Gemeinschaft
- Wiederholte oder schwere Gewalt zwischen den Erziehungspersonen
- Nicht ausreichende oder völlig unzuverlässige Bereitstellung von Nahrung
- Massive oder häufige körperliche Gewalt gegenüber dem Kind (z.b. Schütteln, Schlagen, Einsperren)
- Häufiges massives Beschimpfen, Ängstigen oder Erniedrigen des Kindes
- Gewährung des unbeschränkten Zugangs zu Gewalt verherrlichenden oder pornographischen Medien
- Verweigerung der Krankheitsbehandlung oder der Förderung behinderter Kinder
- Isolierung des Kindes (z.b. Kontaktverbot zu Gleichaltrigen) Familiäre Situation
- Obdachlosigkeit (Familie bzw. Kind lebt auf der Straße)
- Kleinkind wird häufig oder über einen langen Zeitraum unbeaufsichtigt oder in Obhut offenkundig ungeeigneter Personen gelassen
- Kind wird zur Begehung von Straftaten oder sonst verwerflichen Taten eingesetzt (z.b. Diebstahl, Bettelei)
- Persönliche Situation der Erziehungspersonen der häuslichen Gemeinschaft
- Stark verwirrtes Erscheinungsbild (führt Selbstgespräche, reagiert nicht auf Ansprache)
- Häufige berauschte und/oder benommene bzw. eingeschränkt steuerungsfähige Erscheinung, die auf massiven, verfestigten Drogen-, Alkohol bzw. Medikamentenmissbrauch hindeutet
Wohnsituation
- Wohnung ist stark vermüllt, völlig verdreckt oder weist Spuren äußerer Gewaltanwendung auf (z. B. stark beschädigte Türen)
- Nichtbeseitigung von erhebliche Gefahren im Haushalt (z.b. durch defekte Stromkabel oder Steckdosen, Herumliegen von Spritzbesteck )
- Das Fehlen von eigenem Schlafplatz bzw. von jeglichem Spielzeug des Kindes